AUS DER GESCHICHTE DER REGION

Nr. 16 / XVI

Die Zusammenkunft

Das Treffen der Monarchen wurde für Freitag, den 16. Juli 1515, auf halbem Weg zwischen Wien und der ungarischen Grenze angesetzt, auf einem Feld, wo als Zeichen der Fruchtbarkeit und des Glücks ein Birnbaum gepflanzt worden war. Maximilian war schon am Tag zuvor in der Burg Trautmannsdorf eingetroffen und auch Sigismund und Wladislaw nächtigten bereits im Zeltlager, das für die Veranstaltung errichtet worden war.

Für die Bewohner der Region muss der Aufmarsch ein großartiges Schauspiel gewesen sein. Allein die Vorhut des Kaisers bestand aus 2000  Rittern, gefolgt von 800 prächtig gekleideten Angehörigen des Hofstaates. Fanfaren von Trompetern und Paukern kündigten das Herannahen des in einer Rosssänfte sitzenden Maximilian an, der von seinem persönlichen Gefolge, von Kardinal Lang, den geistlichen und weltlichen Fürsten des Reiches, den vornehmsten Grafen und Herren der Erbländer, den Hofwürdenträgern, den Räten und nicht zuletzt dem Financier des Spektakels, Jakob Fugger, begleitet wurde. Die Nachhut bestand aus dem Hofmarschall und 8800 Reitern.

Die Begleitmannschaften des polnischen und des ungarischen Königs waren nicht minder glanzvoll. Vor allem das Aussehen der Tataren, Husaren und Moskowiter erregte höchste Bewunderung. Zahlreiche ungarische und böhmische Würdenträger begleiteten Prinz Ludwig und die vergoldete, von acht weißen Pferden gezogene Kutsche von Prinzessin Anna. Sigismund folgte auf einem Pferd, während Wladislaw – wie der Kaiser – in einer Sänfte getragen wurde. Unter dem Birnbaum angelangt, begrüßte Maximilian beide Könige mit den Worten: »Dies ist der Tag, den der Herr  gemacht hat; freuen wir uns daran und seien wir fröhlich!« Sigismund antwortete: »Walte Gott, dass unsere Zusammenkunft unseren Untertanen
zum Heile gereiche.« Wladislaw wiederholte unter Tränen die Grußworte seines Bruders.

Als der Empfang vorüber war und Kardinal Lang die Gäste nach Wien einlud, gab es ein kurzes Zögern, da einige Ungarn einen Hinterhalt  befürchteten. Sigismund nahm die Einladung aber freudig an. So laut, dass man es hören konnte, wandte er sich an seine Umgebung:
Vertrauensvoll folge er dem Kaiser; wenn sich jemand fürchte, solle er an Ort und Stelle bleiben. Damit war der Bann gebrochen und die  Monarchen zogen mit Maximilian am nächsten Tag bei strömendem Regen nach Wien.

Am 19. Juli begannen in der Hofburg die abschließenden Verhandlungen, an deren Ende die Ratifikation des Heiratsvertrages zwischen Ludwig und Maria sowie zwischen Ferdinand und Anna von Ungarn stand. Ein Problem war allerdings bei bestem Willen nicht zu lösen: Für Anna gab es vor Ort keinen Bräutigam. Ferdinand war nicht greifbar, da er am spanischen Hof bei seinem Großvater mütterlicherseits weilte, der nicht daran dachte, seinen Enkel zur Vergrößerung der habsburgischen Hausmacht zur Verfügung zu stellen. Deshalb kniete am 22. Juli im Stephansdom Maximilian neben der zwölfjährigen Prinzessin und sprach für seinen Enkel den Heiratsschwur.

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Václav Brožík – Tu felix Austria nube (Du glückliches Österreich heirate!)

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