DIE EXPANSION DES RÖMISCHEN REICHES

Nr. 19 / XIX

AQUILEIA – POETOVIO –
CARNUNTUM

Vormarschroute Bernsteinstraße

Obwohl das Römische Reich nach der Unterwerfung der pannonischen Stämme einen Gebietszuwachs bis zur Donau erfuhr, gibt aus dem nördlichen Teil des eroberten Territoriums aus den ersten
Jahrzehnten des 1. Jhs. n. Chr. keinen Beweis einer dauerhaften militärischen Präsenz. Die nördlichste Garnison lag an der Drau, wiewohl der Aktionsradius der Armee gelegentlich auch bis weit hinein in germanische Siedlungsgebiete reichen konnte. 6 n. Chr. marschierte beispielsweise eine aus mehreren Legionen bestehende Streitmacht unter Tiberius von Poetovio/Ptuj (Slowenien) nach Norden, um im Zusammenwirken mit einem aus Mogontiacum/ Mainz anrückenden Korps das in Böhmen vom Markomannenkönig Marbod geschaffene Reich zu zerstören. Knapp vor dem Erreichen des Ziels musste die Offensive jedoch wegen des im Rücken der Armee ausgebrochenen Pannonischen Aufstandes abgebrochen werden.

Wenngleich danach die Gefahr eines Angriffs auf das italische Mutterland gebannt war, blieb die Sorge vor einem Einfall germanischer Stämme bestehen. Dieser Bedrohung galt es nunmehr zu begegnen, dies umso mehr, als die römische Armee 9. n. Chr. im Teutoburger Wald gegen ein germanisches Heer unter Arminius eine vernichtende Niederlage erlitt. Eine probate, wenngleich zuweilen auch gefährliche Strategie, innergermanische Rivalitäten für römische Interessen zu nutzen, folgte dem altbewährten Prinzip des »divide et impera« (lateinisch »teile und herrsche«). Römische Gesandte trugen diese Art der Politik in die germanische Oberschicht, wobei luxuriöse Geschenke rasch Neid und Missgunst bei den zu kurz gekommenen Konkurrenten erzeugten.

Das erste Ziel war dann auch schnell erreicht: 19. n. Chr. musste der bislang als unangreifbar geltende Marbod seine Residenz räumen und mit seinem Gefolge zu den Römern fliehen. Dem Kommandanten der illyrischen Armee, Drusus (dem Jüngeren), ist auch die Revolte des Quaden Vannius zuzuschreiben, jenes Rebellen, der als einziger aus der Riege der Usurpatoren über einen längeren Zeitraum über die Markomannen herrschen durfte. Eine weitere wichtige Aufgabe des Drusus war die Sicherung der sogenannten Bernsteinstraße, die durch in kleinen Lagern stationierte Militäreinheiten wahrgenommen wurde. In den frühen 40er-Jahren des 1. Jahrhunderts n. Chr. wurde schließlich die XV. Legion (mit dem Beinamen »Apollinaris«) zum Schutz der bei Carnuntum die Donau querenden Bernsteinstraße an diesen Ort verlegt, in einer Zeit, als der ursprünglich von Rom unterstützte Langzeitregent Vannius im Rahmen einer neuerlichen Revolte von seinen Neffen zur Abdankung und Flucht in das Römische Reich gezwungen wurde.

Foto: ÖAW/ÖAI, H. Sedlmayer

Die Bernsteinstraße zwischen Aquileia und Carnuntum mit Orten und Militärstützpunkten der ersten Hälfte des 1. Jahrhunderts n. Chr. Pannonien war bis zur jener Zeit ein Teil der Provinz Illyrien. Unter Kaiser Claudius (41–54), spätestens jedoch unter seinem Nachfolger Nero (54–68), wurde Illyrien geteilt und Pannonien eine eigene Provinz.

Foto: Creative Commons

›Stabskompanie‹ der Legio XV Apollinaris beim Verlassen eines temporären Lagers auf ihrem Marsch von Emona/Laibach nach Carnuntum.

Foto: I. Roemercohorte Opladen e.V.

Mit Schuhen wie diesem eroberten die Römer die Welt. Die Sohlen der römischen Militärsandalen waren mit eisernen Nägeln beschlagen.

Foto: Igor Pieńkos

Nägel von Militärschuhen (caligae), gefunden auf der Oberfläche der im Gemeindegebiet von Zurndorf entdeckten römischen
Straße.

Foto: Igor Pieńkos

 

Trasse einer im unmittelbaren Hinterland von Carnuntum (Gemeindegebiet von Zurndorf) freigelegten römischen Straße mit Fahrspuren.

Foto: 7reasons

 

Virtuelle Rekonstruktion des am südlichen Hochufer der Donau errichteten Legionslagers von Carnuntum mit der umgebenden Lagervorstadt von Westen. Das Bild zeigt eine fortgeschrittene Ausbaustufe vom Ende des 2. Jahrhunderts n. Chr.

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