DIE EXPANSION DES RÖMISCHEN REICHES

Nr. 5 / V

DIE RÖMISCHE ARMEE

Vom Marschlager zur Garnison

Für den römischen Legionär war die Garnison eine ›Heimat auf Zeit‹, wo er – von gelegentlichen Feldzügen abgesehen – mit sieben weiteren Kameraden zwei kleine Räume einer Baracke bewohnte. Während der Okkupation Noricums und Pannoniens war das Lager jedoch noch keine uneinnehmbare Festung (eine Legion von etwa 5600 Mann brauchte sich damals vor nichts und niemandem zu fürchten), sondern ein weithin sichtbares Symbol der Herrschaft des Römischen Reiches, ein Zeichen, das die jenseits der Grenzen lebenden Barbaren einschüchtern und von Überfällen abhalten sollte.

Bei Kriegszügen dienten die im Land des Feindes täglich errichteten Marschlager der Truppe als gut bewachte Rastplätze, wo man Blessuren behandelte sowie Waffen und Ausrüstungsgegenstände reparierte, aber auch putzte, kochte und in Lederzelten nächtigte. Feste Anlagen wurden an der Donau erst um die Mitte des ersten 1. Jahrhunderts n. Chr. gebaut, als nach der Vernichtung dreier Legionen im Teutoburger Wald 9 n. Chr. das auf Expansion ausgerichtete Konzept aufgegeben und zur Sicherung einer stabilen Grenze übergegangen wurde. An strategisch wichtigen Punkten entstanden nunmehr dauerhafte, zunächst aber noch weitgehend aus Holz errichtete Standlager, die in den folgenden Jahrzehnten allmählich in steinerne Anlagen umgewandelt wurden.

Alle Lager folgten dem gleichen Schema, wobei die Grundrisse sich an den jeweiligen Gegebenheiten des Geländes orientierten. Ausgehend von einem bei der Platzwahl festgelegten Punkt (locus gromae) wurden durch ein Visierinstrument (groma) zunächst die beiden im rechten Winkel zueinander verlaufenden Hauptstraßen (via praetoria, via principalis) sowie die an ihren Enden positionierten Tore abgesteckt. Der Kreuzungspunkt war der principia vorbehalten, dem zentralen Verwaltungsgebäude, in dessen Mitte – in einem kleinen Heiligtum – der Legionsadler sowie in einem darunterliegenden Keller die Legionskasse aufbewahrt wurden.

In der Nähe standen auch die luxuriös ausgestatteten Quartiere des Legionskommandanten, des Lagerpräfekten und der hohen Offiziere, aber auch die Werkstätten, das Badegebäude und das Lazarett. Der größte Teil der Lagerfläche war jedoch den nach Kohorten gegliederten Kasernen der Soldaten, den Vorratsspeichern und den Ställen für die der Truppe zugewiesenen Tragtiere sowie für die Pferde der 120 Mann starken Kavallerie vorbehalten. Zwischen Lagermauer und Unterkünften lag ein etwa 30 m breiter Zwischenraum (intervallum), der verhindern sollte, dass im Fall eines Angriffs feindliche Wurfgeschoße die Gebäude erreichten. Die freie Fläche diente zudem dazu, die Soldaten antreten und aufmarschieren zu lassen und sie rasch von einem Punkt des Lagers an einen anderen zu verlegen.

Foto: 7reasons

Errichtung des ersten Lagers von Carnuntum unmittelbar nach Ankunft der XV. Legion um 45/50 n. Chr. Die Lagerbefestigung bestand zunächst lediglich aus einem V-förmigen, 1m tiefen und bis zu 1,5 m breiten Graben sowie einem an der Innenseite aufgeschütteten Wall, der mit einer Palisade aus mit Stricken verbundenen Eichenpfählen gesichert war. Zumindest in den ersten Wochen wurde in Lederzelten geschlafen, die Übersiedlung in Holzbaracken erfolgte bis zum Einbruch des Winters.

Foto: 7reasons

Blick von Osten auf das vollständig in Stein ausgebaute Legionslager von Carnuntum samt Lagerdorf, Amphitheater, Statthalterpalast und Auxiliarkastell zu Beginn des 3. Jahrhunderts n. Chr. Die von einer Mauer geschützte Zivilstadt liegt rechts im Hintergrund.

Foto: Museum Aargau

Kaserne einer Zenturie. Während dem Zenturio, dem befehlshabenden Offzier, am Beginn des Gebäudes eine etwas geräumigere Wohnung zugestanden wurde, mussten sich die acht Mann einer ›Zeltgemeinschaft‹ mit zwei jeweils 4,5 m2 großen Räumen, einem Schlafraum und einer Vorratskammer, begnügen.

Foto: Grafik Franz Siegmeth

Eine Legion war in zehn Kohorten und eine Kavallerieabteilung von 120 Reitern gegliedert. Die 1. Kohorte war verstärkt und wurde aus fünf Doppelzenturien zu je 160 Mann gebildet, während den übrigen Kohorten jeweils sechs Zenturien zugeordnet waren. Zusammen mit den etwa 250 Offzieren und Soldaten des Stabes besaß eine Legion somit etwa 5600 Mann.

Foto: Creative Commons

Die groma war ein einfaches Visierinstrument zum Abstecken rechter Winkel.

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